Altern in guter Gesellschaft

Durch eine aktive Auseinandersetzung mit den Chancen und Herausforderungen des Lebens im Alter, soll – neben all den aktuellen sozialen, politischen, gesellschaftlichen Herausforderungen – die Sichtbarkeit der lebensälteren Menschen in den Fokus gerückt werden.

Wir setzen uns aktiv für die Interessen und Bedürfnisse einer immer länger lebenden Gesellschaft ein und möchten insbesondere die derzeitigen Rahmenbedingungen bewusst in ihrem prekären Zustand darstellen, um „wach zurütteln“. Unser Leitbild lautet: “Ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben in Vielfalt und Inklusion”.

Grüne Altenpolitik fordert die Veränderung des defizitorientierten Bildes vom Altern, sie betont den Wert des Alters und sieht die älter werdende Gesellschaft als Chance und Herausforderung.

Grüne Wohn- und Altenpflegepolitik sieht die Zukunft des Lebens im Alter im generationsübergreifenden nachbarschaftlichen gemeinschaftlichen Wohnen. Sie wird dieses Wohnen besonders fördern. Sie fühlt sich dem Grundsatz der Inklusion verpflichtet, Das meint das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher
Kulturen, diverser Zugehörigkeiten und aller Pflege- und Behinderungsgrade in Einrichtungen ihres Quartiers egal ob sie ambulant, teilstationär oder vollstationär versorgt werden müssen. Sie lässt sich von dem Grundsatz der Sicherung des selbstbestimmten Wohnens im vertrauten Wohnumfeld auch bei (wechselndem) Unterstützungsbedarf lenken.

Im Zentrum zukünftiger grüner Wohn-, Teilhabe- und Altenpflegepolitik steht die Entwicklung der Quartiere. Für die Gestaltung der Quartiere gelten folgende Forderungen:

  • Partizipative Beteiligung der Bewohner*innen und örtlicher Akteure, sowie von Beiräten bei der Quartiersgestaltung als Grundbaustein demokratischer Prozesse. Zu den Beiräten zählen Senior*innenbeirat, Beirat für Behindertenfragen, Integrationsrat, Beirat für Stadtentwicklung.
  • Mix von Eigentums- und Mietwohnungen, frei finanziert und sozial gefördert, bevorzugt in genossenschaftlicher oder städtischer Hand. Verbundeinrichtungen für das Wohnen mit Versorgungssicherheit (zeitweise oder 7/24) ebenso wie Einrichtungen für teilstationäre und vollstationäre Pflege.
  • Barrierefreie und assistenzfähige Gebäude-Architektur mit der Möglichkeit des Einbaus technischer Assistenzsysteme, die ein selbständiges Verbleiben in der privaten Häuslichkeit trotz steigender Hilfs- und Pflegebedürftigkeit ermöglichen, z.B. Aufzug, breite Türen, Sitz- und Haltesysteme im Bad, Hausnotrufsysteme, intelligente Umgebungstechnik, Nutzung von Telemedizin etc.
    Die architektonische Gestalt eines Quartiers muss identifikationsstiftend sein und Geborgenheit ausstrahlen.
  • Barrierefreie Siedlungs-Architektur mit Quartierszentrum, Grünzügen, fußgängerfreundlichem Wegenetz, Begegnungsmöglichkeiten, sportlichen Bewegungsmöglichkeiten, Ruheräume und -möglichkeiten, fußläufig erreichbaren Versorgungseinrichtungen zur Deckung des täglichen Bedarfs, Gesundheitszentren (im Verbund mit Beratungsstellen, ärztlichen, therapeutischen und pflegerischen Angeboten), Sozial- und
    Finanzberatungsstellen, Bildungsstätten (Kita, Schule, VHS), Kulturstätten (darunter Ausstellungsräume, Probenräume, Ateliers, Bühnen), Gewerbebetriebe (Berufliche Ausbildungs-, Beschäftigungs- und Produktionsstätten, letzteres vorwiegend im kleingewerblichen, emissions- und wohngebietsverträglichen Bereich), fußläufig erreichbarer ÖPNV.
  • Zur Sicherstellung einer Versorgung in der häuslichen Umgebung ist ein Quartiersnachtdienst zur Ergänzung der Versorgung durch Angehörige, professioneller ambulanter, und teilstationärer Pflege nötig.
  • Die soziale Gestaltung eines Quartiers benötigt den Aufbau eines Quartiersmanagements. Zu den Aufgaben des Quartiersmanagements gehört die bedürfnis- und bedarfsgerechte Planung und Koordination der Angebote, die professionelle Koordination, Beratung und Begleitung ehrenamtlicher Arbeit
  • Die Nutzung der Möglichkeiten, die das Pflegeberufegesetz und Weiterbildungsverordungen bieten, Praxiserfahrungen in Modellen des generationsübergreifenden gemeinschaftlichen zu sammeln. Aus- und
    Weiterbildung für Pflegekräfte ist so zu gestalten, dass Praxisphasen kultursensibel in Modellen des gemeinschaftlichen, nachbarschaftlichen Wohnens im Alter mit angeschlossenem ambulantem Pflegedienst und darüber hinaus gegebenenfalls in 2 weiteren Wohnformen im Alter möglich sind.
  • Einrichtungen im Quartier balancieren personalorientierte Arbeitsbedingungen und nutzer*innen-orientierte Betreuungs-, Assistenz- und Pflegebedarfe unter Mitwirkung von Einrichtungsbeiräten/
    Vertrauenspersonen und Personalvertretungen aus.
  • Die Stadt Bielefeld verfolgt auf überregionaler Ebene die Verankerung einer zusätzlichen Finanzierung des gemeinschaftlich und nachbarschaftlich gestalteten Wohnens im Alter durch die Pflegeversicherung, zum Beispiel durch ein Persönliches Budget für Gemeinschaftsassistenz, das in der Höhe abhängig vom Pflegegrad für Kosten in zertifizierten Einrichtungen und bei zertifizierten Dienstleistungsträgern für Kultur- und Nachbarschaftsangebote eingesetzt werden kann. Die Forderung nach einer Dynamisierung und Pflegegradorientierung des Entlastungsbetrags bleibt davon unberührt.
  • Mit den aufgeführten Merkmalen sind in Bielefeld zuerst alle neu zu planenden Quartiere zu gestalten

Wir sind überzeugt, dass eine Neustrukturierung des Pflegesystems und des Finanzierungssystems angestoßen werden muss. Die bisherigen Finanzierungssysteme, die sich aus unterschiedlichen, pflegerischen Haushaltssystemen zusammensetzen, sind hierfür unzureichend und nicht zeitgemäß. Es wird den Bedürfnissen der alternden Gesellschaft nicht gerecht und zwingt sie im schlimmsten Fall verfrüht in vollstationäre Pflegeeinrichtungen. Dieser einschneidende Umzug geht oftmals einher mit dem Verlust der Selbstständigkeit und Mitbestimmung. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen.

Wir wissen jedoch auch, dass die Stadt Bielefeld allein nicht in die Lage versetzt werden kann die o.g. Maßnahmen zu ergreifen, da die Finanzierung solcher Quartiere nicht gewährleistet werden kann.
Daher möchten wir als Stadt Bielefeld (pilotiert) einen Beitrag dazu leisten, den Bund darin zu unterstützen die dringende Notwendigkeit einer vollumfänglichen Reform in der Versorgung alter Menschen anzustoßen. Ähnliche Lebensbeispiele einer fortwährenden älter werdenden Gesellschaft lassen sich in Finnland beobachten, die ausschließlich aus staatlichen Mitteln finanziert werden.

Beschluss der Mitgliederversammlung am 3.07.24